Die Kamelschlacht (Waqʿat al-Jamal) gilt als einer der erschütterndsten Wendepunkte in der Geschichte des Islam. Sie fand im Jahr 36 n.H. (656 n.Chr.) bei Basra statt – nur wenige Jahre nach dem Tod des Propheten Muhammad (s.a.a.s.). Zwei Lager von Muslimen standen sich bewaffnet gegenüber: auf der einen Seite Imam Ali (a.s.), der vom Propheten öffentlich als sein Nachfolger bestimmt worden war, auf der anderen Seite Aisha, die Witwe des Propheten, zusammen mit Talha und Zubair, zwei bekannten Gefährten.
Die Rebellion gegen Imam Ali (a.s.) wurde unter dem Vorwand gestartet, man wolle „Rache für die Ermordung Uthmans“ üben. Doch die Wahrheit war weitaus komplexer.
Die Wahrheit hinter der Kamelschlacht
Was viele verschweigen: Aisha, Talha und Zubair hatten zunächst Imam Ali (a.s.) den Treueeid geleistet. Doch sie brachen diesen Eid kurze Zeit später – vor allem aus politischem Kalkül und persönlicher Rivalität. Talha und Zubair wollten hohe politische Ämter, die Ali ihnen nicht zusicherte. Aisha wiederum hatte bereits zu Lebzeiten des Propheten Differenzen mit Imam Ali und sah in seiner Herrschaft eine persönliche Kränkung.
Ein symbolisches Element der Schlacht war Aishas Kamel, um das sich die Kämpfe besonders heftig drehten. Solange es stand, mobilisierte es die Truppen – als es fiel, war der Kampf vorbei. Imam Ali (a.s.) ließ Aisha ehrenvoll behandeln, eskortierte sie sicher zurück nach Medina – obwohl sie gegen ihn aufgerufen hatte.
Diese Schlacht offenbarte die erste offene Spaltung in der islamischen Gemeinschaft. Der Bruderkampf forderte tausende Opfer – ein Bruch, der bis heute nachwirkt.
Wichtige Quellen
- al-Ṭabarī – Tārīkh al-Rusul wa al-Mulūk (Geschichte der Propheten und Könige): umfassende Darstellung der politischen Entwicklungen nach dem Propheten.
- Nahj al-Balāgha – Briefe und Reden Imam Alis (a.s.), u.a. über Aisha, Talha und Zubair.
- Sahih Muslim, Buch der Versuchungen (Kitāb al-Fitan) – über die Prophezeiung kommender Konflikte.
- al-Balāḏurī – Ansāb al-Ashrāf: erwähnt die Motivation hinter dem Verhalten von Talha und Zubair.
- al-Masʿūdī – Murūj al-Dhahab: beschreibt die Rolle Aishas detailliert und kritisch.
Fazit
Die Kamelschlacht war kein bloßer Machtkonflikt – sie war ein Bruch mit dem Prinzip der göttlich bestimmten Nachfolge. Der Kampf gegen Imam Ali (a.s.) war kein gerechtfertigter Aufstand, sondern ein Ausdruck von weltlicher Gier und persönlicher Eitelkeit – getragen von jenen, die einst zum innersten Kreis des Propheten gehörten.
